Lichter am Horizont, das sind nicht nur die Nordlichter, die in der dunklen Jahreszeit mit etwas Glück nördlich des Polarkreises sichtbar werden. Der diesjährige Neustadter Orgelsommer macht diesem Motto in Zeiten von Covid 19 und der daraus resultierenden wirtschaftlichen und vor allem auch kulturellen Krise alle Ehre. Es ist wichtig, dass Künstler wieder auftreten können und Sie als Publikum endlich wieder live und emotional Kultur erleben können! Hoffen wir miteinander, dass es möglich sein wird.
Freuen Sie sich auf ein sehr vielfältiges Programm voller ungehörter Kostbarkeiten: Gastorganisten aus den nordischen Ländern und Spezialisten für nordeuropäische Musik werden zu Gast sein. Insbesondere die Musik Dietrich Buxtehudes und seines Umfelds wird im Mittelpunkt stehen, dabei nicht nur Orgelmusik, sondern auch seine Instrumental- und Vokalwerke, die er als hoch angesehener und finanziell unabhängiger Organist in Helsingborg, Helsingør und Lübeck als freier Künstler schaffen konnte. Daneben Werke von Komponisten, die in Skandinavien wirkten wie Matthias Weckmann, Heinrich Schütz, Johann Lorentz, die Familie Düben und Andere. Dazu erklingt Musik aus einer der berühmtesten Bibliotheken Nordeuropas, der Musiksammlung der Universität Uppsala. Mit Chor- und Orgelwerken rund um die Ostsee aus dem 20. und 21. Jahrhundert, aufgeführt vom Neustadter Vokalensemble, wird der Orgelsommer 2020 seinen Abschluss finden.
Simon Reichert, Künstlerischer Leiter
Der "Neustadter Orgelsommer" ist eine Veranstaltungsreihe des Protestantischen Dekanats Neustadt an der Weinstraße in Kooperation mit dem Kulturamt Neustadt an der Weinstraße und steht unter der Schirmherrschaft von Marc Weigel, Oberbürgermeister der Stadt Neustadt an der Weinstraße und Manfred Sutter, Oberkirchenrat der Ev. Kirche der Pfalz.
Kontaktdaten:
Prot. Dekanat Neustadt
Schütt 9, 67433 Neustadt
Tel. 0 63 21 - 39 89 21
E-Mail: dekanat.neustadt(at)nospamevkirchepfalz.de
Vorverkauf für alle Konzerte
ab 18.06. bei Neustadter Bücherstube, Landauer Str. 5, Tel. 0 63 21 - 22 35
Kartenreservierung über dekanat.neustadt(at)evkirchepfalz.de
Alle Veranstaltungen auf einen Blick: Veranstaltungsflyer
Solo- und Duokantaten, Kammermusik, Orgel- und Cembalowerke und Werke aus der Bibliothek Uppsala
Simon Reichert, Orgel und Cembalo
Magdalene Harer, Sopran
Wolf-Matthias Friedrich, Bass
Martin Jopp und Fritz Burkhardt, Barockvioline
Christian Zincke, Viola da Gamba
Eintritt: 25 €
Weinpate: alle Weingüter
Zwei versierte Sänger der Alte-Musik-Szene Magdalene Harer und Wolf Matthias Friedrich treffen auf zwei versierte Instrumentalisten, Martin Jopp und Christian Zincke. Alle vier waren bereits in Neustadt zu Gast und haben hervorragende Visitenkarten hinterlassen. Gemeinsam mit Fritz Burkhardt und Simon Reichert werden Solo- und Duokantaten aufgeführt, die zu verschiedenen Anlässen komponiert wurden. Darunter Gelegenheitskompositionen für Hochzeiten und Geburtstagsfeiern ebenso wie Stücke für die Abendmusiken, die große Konzertreihe mit Weltruhm in der Marienkirche Lübeck. Dazu erklingen Triosonaten in der damals beliebten Kombination Violine, Viola da Gamba und Cembalo sowie Solowerke für Orgel und Cembalo.
Nicolò Sari, Organist an San Trovaso und San Giorgio Maggiore (Venedig) spielt Werke von Buxtehude, Bruna, Scheidemann, Pasquini, Bach u.a.
Eintritt: 15 €
Weinpate: Weingut Corbet
Nicoló Sari zählt zu den talentiertesten jungen italienischen Organisten und bekleidet bereits renommierte Organistenämter in Venedig. Preise gewann er bei diversen Wettbewerben, darunter dem Sweelinck-Wettbewerb in Amsterdam. Sein Programm für Lambrecht ist gemäß der Orgel auf ein begrenztes Pedalspiel eingerichtet, umfasst aber vier große Werke Buxtehudes sowie Musik des berühmten Spaniers Pablo Bruna sowie italienische Musik und eine Vivaldi-Transkription von Johann Sebastian Bach. Dass die Dänen, zu denen ja auch Buxtehude zählt, nicht ganz zu Unrecht als Italiener des Nordens bezeichnet werden, wird in seinem Programm zum Ausdruck kommen.
Guillaume Nussbaum, Domorganist in Straßburg spielt nordeuropäische Musik von Sweelinck, Weckmann, Scheidemann, Jacob Praetorius, Buxtehude, Böhm, Bach
Eintritt: 15,- Euro
Weinpate: Weingut Bergdolt
Ein gekreuztes Porträt gleich mehrerer norddeutscher Organisten bietet der Straßburger Domkantor und –organist Guillaume Nussbaum, der mehrfacher Preisträger u.a. des Silbermann-Wettbewerbs in Freiberg ist. In vielfachen Lehrer-Schüler-Beziehungen stehen diese Komponisten, die sich wie das „who is who“ der norddeutschen Organistenszene lesen. So kann der Hörer die eindrucksvolle Entwicklung der norddeutschen Kompositionen für Orgel seit dem „Organistenmacher“ Sweelinck aus Amsterdam bis hin zum letzten großen Meister der Reihe Johann Sebastian Bach nachvollzielen.
Magne Draagen, Trondheim, spielt Werke von Buxtehude, Praetorius, Kerll, Byrd, Böhm, Karlsen, Hægeland, Gangfløt u.a.
Eintritt: 15,- Euro
Weinpate: Weingut Müller-Catoir
Den weitesten Weg zum Konzert hat der Domkantor und –organist des berühmten Nidarosdom in Trondheim, der Krönungskirche der norwegischen Könige. Dort steht neben einer großen symphonischen Orgel auch eine importierte deutsche Barockorgel von 1730, erbaut durch Joachim Wagner, der zu den bedeutendsten deutschen Orgelbauern des 18. Jahrhunderts gehörte und Hoforgelbauer in Berlin war. Sein vielfältiges Programm umfasst Werke aktueller norwegischer Komponisten bis hin zu deutschen Tänzen des Frühbarocks und zeigt so die Möglichkeiten, die sich einem Organisten bieten, Melodien auf kunstvolle Weise zu verarbeiten.
Solokantaten, Kammermusik, Orgel- und Cembalowerke
Miriam Feuersinger, Sopran
Katharina Heutjer und Cosimo Stawiarski, Barockvioline
Simon Linné, Theorbe
Simon Reichert, Orgel und Cembalo
Eintritt: 25 €
Weinpate: alle Weingüter
Eine große Weinprobe wird es im Neustadter Orgelsommer dieses Jahr aus hygienischen Gründen nicht geben können. Dennoch steht der Wein aller sieben Weinpaten des Festivals an diesem Abend zu Verfügung. Dazu erklingen Solokantaten für Sopran mit der berühmten Sopranistin Miriam Feuersinger. Teile des Programms wurden am 5. Juni 2020 für den SWR Hörfunk aufgenommen. Weitere Musiker aus der Alte-Musik-Hochburg Basel ergänzen die Besetzung für diese Hommage an Dietrich Buxtehude. Seine Werke lockten nicht nur den jungen Johann Sebastian Bach und auch Georg Friedrich Händel zum Besuch nach Lübeck sondern erfreuten auch die Lübecker Bevölkerung. Die unter seiner Leitung stattfindenden Abendmusiken in der Marienkirche lockten jedes Jahr Tausende Besucher an und sorgten für ein kulturelles Aushängeschild weit über die Stadtgrenzen hinaus. Einige virtuose Cembalo- und Orgelwerke des Meisters aus allen Gattungen runden diesen Abend ab.
KÃ¥re Nordstoga, Domorganist aus Oslo spielt Werke von Buxtehude, Bruhns, Bach und Bearbeitungen norwegischer Volkslieder
Eintritt: 15 €
Weinpate: Weingut Stolleis
Der Domorganist der norwegischen Hauptstadt Oslo Kåre Nordstoga kann auf eine lange Reihe von Konzertauftritten verweisen und gehört zu Norwegens bedeutendsten Organisten. Neben virtuosen Werken dreier bedeutender deutscher Barockkomponisten präsentiert er Bearbeitungen norwegischer Volkslieder. Mit diesen hat er sich intensiv beschäftigt und auch entsprechende CD-Produktionen eingespielt.
Karin Nelson, Professorin in Göteborg, mussste das Konzert absagen.
Simon Reichert, Bezirkskantor und musikalischer Leiter des Neustadter Orgelsommers, spielt als Ersatz für Karin Nelson aus Göteborg ein Programm, das viele Verknüpfungen zu Skandinavien aufweist. Zu Beginn steht der in Kopenhagen ausgebildete und später im damals dänischen Husum wirkende Nikolaus Bruhns mit einem im Andreas-Bach-Buch überlieferten Präludium in G-Dur, das neben sechsstimmigen Fugen mit Doppelpedal einige sehr virtuose Pedalpassagen enthält. Die Struktur ist die typisch fünfteilige im Wechsel von freien Teilen und Fugen. Es folgen drei Werke des ursprünglich geplanten Programms, zwei Magnificat-Zyklen von Hieronymus Praetorius, überliefert in der Tabulatur aus dem schwedischen Visby und von Matthias Weckmann, der lange Zeit für den dänischen Hof tätig war. Daneben der Choral „Vater unser im Himmelreich“ des dänisch-schwedisch-deutschen Komponisten Dietrich Buxtehude. Derselbe Choral folgt in einer Bearbeitung des Bach-Lehrers Georg Böhm in typisch norddeutscher Art auf 2 Manuale und Pedal verteilt. Eine Canzon des Hamburger Katharinenorganisten Scheidemann nach italienischem Vorbild rundet den ersten Teil ab. Im zweiten Teil folgen mehrere Werke von Bach: Zunächst die Transkription eines Concertos von Vivaldi, dem folgt ein Cappricio, das für eine Familienzusammenkunft der Bachs im Jahr 1704 entstanden sein dürfte. Einer der Brüder Bachs ging damals nach Schweden, und es ist eine Art Abschiedskomposition. Es folgen einige Choralbearbeitungen, die den Einfluss der norddeutschen Lehrmeister Bachs zeigen. Felix Mendelssohn war nicht nur berühmter Dirigent, Pianist und Komponist, sondern gründete auch in Leipzig eines der ersten Musikkonservatorien, wo unter anderem Niels Wilhelm Gade und Edvard Grieg ausgebildet wurden. Er hatte also auch Einfluss auf die skandinavische Musik. Seine Orgelsonaten aus dem Jahr 1845 sind ein wichtiger Beitrag dieser Gattung und die sechste Sonate hat als Thema den Choral „Vater unser im Himmelreich“, der schon mehrfach in diesem Programm zu hören war.
Wenn die Bedingungen es zulassen, soll das Konzert mit Karin Nelson zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Eintritt: 15 €
Weinpate: Weingut Weegmüller
David Bendix Nielsen, Dom zu Roskilde, spielt Werke von Bruhns, Buxtehude, Gade, Pärt und Hartmann
Eintritt: 15 €
Weinpate: Weingut Schwarztrauber
Ein passenderes Programm hätte David Bendix Nielsen zum deutsch-dänischen Freundschaftsjahr kaum aussuchen können: Alle Komponisten des Programms sind mit beiden Ländern eng verbunden. Dass die dänischen Komponisten Gade und Hartmann den barocken Meistern Bruhns und Buxtehude nicht nachstehen wird sich hier zeigen, Arvo Pärts Qualität braucht wohl nicht mehr eigens der Erwähnung. David Bendix Nielsen ist ein besonderes Talent unter den jungen dänischen Organisten, was auch die Ernennung zum Domorganist von Roskilde zeigt, wo er zusammen mit Bine Bryndorf wirkt. Mehrere Wettbewerbserfolge und eine Reihe interessanter Konzertorte dokumentieren sein künstlerisches Wirken.
Manuel Schuen, Organist an der Michaelerkirche Wien, spielt Werke von Muffat, Froberger, Fux, Eberlin, Scheidemann, Sweelinck, Tunder, Hanff und Bach
Eintritt: 15 €
Weinpate: Weingut Johann F. Ohler
Manuel Schuen ist der erste Organist, der zum zweiten Mal zum Neustadter Orgelsommer eingeladen wird. Das passiert nicht ohne Grund, denn sein Konzert 2016 hat die Zuhörer sehr begeistert! Inzwischen ist er neben seiner Tätigkeit als Organist der Michaelerkirche auch intensiv für die Hochschule tätig. In diesem Jahr bringt er ein vielfältiges Programm mit, das von seinem Wirkungsort Wien aus nach Norden führt. Zum Abschluss seines Programms spielt er die große Passacaglia c-Moll von Bach, die dieser Form die Krone aufsetzt.
Ausführende:
Benno Schachtner, Countertenor
Juan Manuel Quintana, Viola da Gamba
Julian Behr, Laute
Simon Reichert, Orgel
Eintritt: 25 € - bereits ausverkauft
Weinpate: alle Weingüter
Das Abschlusskonzert des Orgelsommers 2020 ist zwar anders als geplant, aber steht dennoch unter dem Titel „Northern Lights – Nordlichter“. Weiterhin auf dem Programm ist Orgelmusik aus dem Baltikum von Arvo Pärt und Peteris Vasks. Beide Komponisten sind bekannt für ihre aus wenigen musikalischen Elementen zusammengesetzten Werke, die eine tiefgehende Atmosphäre schaffen und den Hörer ganz in den Klangkosmos nördlicher Hemisphäre hineinziehen. Dazu steht das einzige Stück von Arvo Pärt für Altus (Countertenor) und Orgel auf dem Programm: „My heart in the highlands“. Komponiert wurde es für den Countertenor des berühmten Hilliard-Ensembles David James, schlägt also auch eine Brücke zu den englischen Komponisten dieses Programms. Dazu kommen neben Werken für Viola da Gamba, die teilweise aus der Bibliothek Uppsala stammen, die Passacaglia und die Kantate „Cantate Domino“ von Dietrich Buxtehude, ebenfalls das einzige Werk dieses Komponisten für Alt, Viola da Gamba und Basso Continuo. Dass John Dowland am dänischen Hof bei Christian IV. tätig war, ist vielleicht nicht jedermann bekannt, aber in dieser Zeit war Dänemark kulturell eine führende Nation, während es zugleich militärisch zahlreiche Misserfolge zu beklagen gab. Ein Stadtteil Kopenhagens wurde nach dem Vorbild Amsterdams mit Kanälen angelegt, viele neue Gebäude nach südlichen Vorbildern entstanden. Die Architektur Kopenhagens ist bis heute von dieser Epoche geprägt. Italienische, deutsche, englische und französische Musiker waren am Hof tätig. Ebenso wurden dänische Komponisten zur Ausbildung nach Venedig und an andere Orte gesendet. Dieser europäische Austausch ging auch im 18. Jahrhundert weiter, sodass auch die weiteren Komponisten Blow, Purcell und Schenck sich wunderbar ins Programm fügen. Georg Friedrich Händel zum Beispiel traf unter anderem Schenck, der in Amsterdam und Düsseldorf wirkte und natürlich Buxtehude in Lübeck und wurde dann ja bekanntermaßen Star am englischen Hof, wo er Dowland, Blow und Purcell beerbte. Nicht ins Programm zu passen scheint John Cages „Dream“, ein Stück das auch in der Besetzung für Klavier solo und Streicherensemble aufführbar ist, aber ich finde, dass es zum Thema „Northern Lights“ wunderbar passt, zumal der anglo-amerikanische Kulturkreis auf diese Weise eine Fortsetzung erfährt. Text: Simon Reichert