Ich bin der Neue
Darf ich mich vorstellen? Ich bin der Neue. Pfarrer Andreas Rummel. Seit dem 1. Oktober Dekan des Kirchenbezirks Neustadt. Von Frankenstein bis Hassloch und von Freisbach bis Gimmeldingen. Ich bin also der Neue im Dekanat. Na ja, also nicht mehr ganz neu. Immerhin werde ich in diesem Monat 56 Jahre alt. Und außerdem wurde ich schon vor über einem Jahr – am 12. September 2020 – von den Mitgliedern der Bezirkssynode zum Dekan gewählt. Neu aber bin ich tatsächlich im Amt. Seit acht Tagen. Und ich bin noch dabei, viele neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenzulernen. Ehrenamtliche und Hauptamtliche. Das dauert ganz bestimmt noch eine Weile. Nicht nur, weil ich nach wie vor einen langen Berufspendlerweg aus der Westpfalz habe. So begegnen mir im Kirchenbezirk altbekannte Gesichter und noch viel mehr neue.
Die Stadt Neustadt allerdings ist mir nicht fremd. Bin ich doch hier geboren und in Hassloch aufgewachsen. Die ersten 21 Jahre meines Lebens habe ich im Kirchenbezirk gelebt. Bin groß geworden in der Haßlocher Jugend- und Chorarbeit. Mein Abitur habe ich am Käthe-Kollwitz-Gymnasium in Neustadt 1985 gemacht. Und danach war ich zusammen mit dem heutigen Kinderarzt Marc Schlez aus Neustadt zwanzig Monate Zivildienstleistender im Protestantischen Verwaltungsamt Neustadt in der Schütt. Wo ich jetzt ein Stockwerk tiefer mein Büro bezogen habe. So lange kenne ich Dekan Armin Jung schon, der 1986 als Pfarrer nach Haßloch kam, als ich noch im Dachgeschoß in der Schütt die Gemeindebriefe gedruckt habe. Ohne diese Zeit und die Kirchenmusik hätte ich wohl nicht den Weg ins Theologiestudium gefunden. Hier wurde aber auch schon das Fundament gelegt für meine Interesse am Gemeindebrief und der Pressearbeit.
Viel ist in den vergangenen 35 Jahren passiert. Theologiestudium in Bethel und Tübingen. 1990 haben Ute-Stoll-Rummel (die künftige Pfarrerin von Gommersheim-Freisbach-Geinsheim) und ich geheiratet – mit dem Entschluss, beide als Theologen in der Pfalz zu bleiben. Erste Gemeindeerfahrungen habe ich im Vikariat in Bexbach gemacht. Und danach sind wir dem Kirchenbezirk Homburg treu geblieben. Von 1996 bis 2014 haben meine Frau und ich uns die Pfarrstelle in Miesau geteilt. Danach war ich bis 2021 Persönlicher Referent von Kirchenpräsident Dr. h. c. Christian Schad in Speyer. Und seit Juni 2020 zusätzlich auch der Pressesprecher der Landeskirche. Viel Neues habe ich in dieser Zeit erlebt. Über den Kirchturm hinaus geblickt: EKD-Synoden, Landessynoden, Kirchenregierung, Kollegiumssitzungen, ökumenischer Kontaktkreis, Klimaschutzbegleitgruppe … Viel Neues habe ich in dieser Zeit auch gelernt. Über den Kirchturm hinaus gesehen: Beratungen im Fundraising und bei energetischen Baumaßnahmen, Predigtcoaching, Pressefotografie, Pressemeldungen erstellen und ins Internet einstellen, Fernsehgottesdienste mit dem SWR planen und durchführen … Ich bin dankbar für die Möglichkeiten, die mir Gott in meinem Berufsleben geschenkt hat. Ich hoffe, dass ich vieles davon segensreich einbringen kann in meinem neuen Amt.
Und dazu gibt es ganz gewiss eine Reihe von Anknüpfungspunkten. Als Landeskirche gehen wir – wie die Evangelische Kirche in Deutschland insgesamt – in eine Zukunft mit weniger Gemeindegliedern, weniger Finanzmitteln und weniger Pfarrpersonal. Und weil wir das längst wissen, haben wir jetzt noch die Zeit und die Ressourcen das in den kommenden Jahren miteinander zu gestalten. Miteinander heißt für mich: zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen, zusammen mit den Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen. Dazu brauchen wir auch die Expertise unserer Verwaltungsfachleute, unserer Kirchenmusikerinnen, Gemeindediakone und Jugendreferentinnen … Über den Kirchturm hinausblicken und zusammenrücken eröffnet uns die Chance, sichtbar und präsent zu bleiben. Wenn die Verantwortung für unsere kirchlichen Kindertagesstätten in die Hände eine Kita-Verbundes gelegt wird, gewinnen wir Zeit für inhaltliche Arbeit. Wo Pfarramtssekretärinnen die Kollegen entlasten, werden Ressourcen für Seelsorge und theologische Arbeit frei. Und vielleicht müssen wir auch die Baulast unserer kirchlichen Gebäude zentral verwalten, um die energetischen Herausforderungen einer neuen Klimapolitik zu meistern und den finanziellen Kraftakt der Instandhaltungen oder Bewirtschaftung präziser zu steuern.
Das sieht vordergründig nach viel Organisationsentwicklung aus. Es hat aber einen tieferen Grund. Wenn wir in unserer ländlich geprägten Region Kirche für die und mit den Menschen sein wollen, dann müssen wir dazu den nötigen Freiraum haben. So können wir uns als Kirchengemeinden wieder stärker den inhaltlichen Herausforderungen stellen. Herausforderungen, die eine Gesellschaft mit sich bringt, in der es nicht mehr selbstverständlich ist, ein Gemeindeglied zu sein.
Ich freue mich auf die alte Heimat und die neue Aufgabe – als der Neue. Und hoffentlich bald werde ich auch mit meiner Familie nach Gommersheim ziehen und an allem näher dran sein.
Ihr Dekan Andreas Rummel